Achtung, unerwünschte “Nebenwirkung” des Bluthochdrucks!
Ständige Blutdruckwerte über 140/90mmHg führen über kurz oder lang bei der Mehrheit der Betroffenen zu schweren Komplikationen. Die häufigsten Komplikationen sind
- Schlaganfall
- Altersdemenz
- Herzinfarkt
- Herzschwäche
- Nierenversagen
Empfohlene Lebensstilmaßnahmen verringern diese Komplikationen. Sie reichen aber meistens nicht aus.
- Viel Bewegung (täglich mindestens 30 Minuten)
- vernünftiges Essen (reichlich Obst, Salat, fett- und kochsalzarm, für Übergewichtige auch kalorienarm)
- Mäßigung im Alkoholkonsum (1 bis 2 Gläser pro Tag)
- Verzicht auf Zigaretten
Es ist wissenschaftlich erwiesen: eine medikamentöse Blutdrucksenkung unter 140/90 senkt das Risiko für alle Folgeerkrankungen dramatisch. Eine kurzfristige oder unregelmäßige Einnahme von Blutdruckmitteln nützt nichts. Allein entscheidend ist die dauerhafte Senkung des Blutdrucks deutlich unter 140/90. Für Selbstmessung gelten andere Werte (siehe unter Richtig Messen). Die beste Blutdruckkontrolle erreichen Sie, wenn Sie regelmäßig selbst messen (nach Schulung durch den Arzt)!
„Echte“ Nebenwirkungen moderner Blutdruckmittel sind selten. Unverträglichkeiten, wie sie auch bei manchen Menschen für bestimmte Lebensmittel vorkommen, sind vorwiegend harmlos. Wenn Sie glauben, das verordnete Medikament nicht zu vertragen, ist es am besten, die behandelnde Ärztin/den behandelnden Arzt unverzüglich zu verständigen. Wenn erforderlich, wird sich ein besser verträgliches Medikament finden.
Merke: Folgen von nicht oder ungenügend behandeltem Bluthochdruck sind um ein Vielfaches häufiger und ernster als die Nebenwirkungen von Hochdruckmittel.
Eine kürzlich weltweit in Ordinationen durchgeführte Erhebung zur Qualität der Blutdruckeinstellung zeigte Österreich im abgeschlagenen Feld. Von 1300 Hochrisikopatienten lagen nur 34% im Zielbereich von unter 140/80 mmHg, obwohl sicherlich nicht die schlechtesten Ärzte sich der Mühe der Teilnahme an dieser Studie unterzogen hatten. Zum Vergleich: in den Vereinigten Staaten von Amerika lagen immerhin 60% der Hochdruckpatienten im Zielbereich.
Die Ursachen sind mannigfach, 2 möchte ich herausgreifen: die mangelnde Compliance (Regelmäßigkeit der Tabletteneinnahme) der Patienten und die Schwierigkeit, den Blutdruck in einer überfüllten Ordination richtig zu beurteilen.
Was die mangelnde Bereitschaft zur langfristigen Tabletteneinnahme betrifft, ist sie Folge einer offenbar in Österreich besonders stark voraus eilenden Angst vor möglichen Nebenwirkungen der Medikamente gepaart mit der Einstellung, mir wird schon (durch den erhöhten Blutdruck) nichts passieren. Das belegt einevor Kurzem an 4000 Österreichischen Patienten durchgeführte Studie des Fessel Instituts, die fand, dass 61% der Befragten den Beipackzettel immer lesen und 31% daraufhin so beunruhigt sind, dass sie das Präparat erst gar nicht einnehmen. Indessen geht die Unbekümmertheit bezüglich Hochdruckfolgen aus einer ebenfalls kürzlich erschienen Arbeit Wiener Neurologen hervor: Von knapp 600 Schlaganfallpatienten wussten zwar 77%, dass Hochdruck ein Risikofaktor ist aber nur 30% hielten sich selbst für gefährdet. Akademiker wussten zwar besser Bescheid, zogen aber keineswegs häufiger Konsequenzen. Der verhängnisvolle Irrtum, dass nur sehr hohe Werte gefährlich sind, scheint weit verbreitet zu sein; tatsächlich liegt bei der überwiegenden Zahl der Schlaganfallopfer der Blutdruck vor der Erkrankung bei 150 mmHg systolisch. Was die tatsächlichen Nebenwirkungen der Hochdruckmittel betrifft, sind sie zum überwiegenden Maß zwar störend aber harmlos, sehr selten gefährlich und nach Absetzen ganz in der Regel reversibel.
Da der Blutdruck sich während des Tages ständig ändert, sensibel auf Reize aus der Außenwelt und aus dem Körper reagiert und bei bis zu einem Drittel der Patienten beim Arzt überhöht ist (Weißkitteleffekt), tut sich der Arzt in der Ordination extrem schwer zu beurteilen, ob ein von ihm erhöht gemessener Druck repräsentativ oder ein belangloser Ausreißer ist. Ein Ausweg aus diesem Dilemma sind die in Österreich seit über 10 Jahren propagierten Selbstmessungen des Patienten zu Hause. Deren Durchschnitt lässt das Blutdruckniveau richtig einschätzen, vorausgesetzt, dass vom Patienten mit einem validierten Gerät und korrekt gemessen wird. Die andere Möglichkeit ist die automatische ambulante 24-Stundenblutdruckmessung. Dabei werden von einem kleinen Rekorder, den der Patient für 24 Stunden oder auch länger mit sich trägt, in Intervallen 60 oder mehr Blutdruckwerte während der Tagestätigkeit und nachts gemessen. Diese Methode gilt heute als Goldstandard der Blutdruckmessung, zumal damit der Blutdruck während des Schlafes erfasst wird, der die beste Aussage über die Gefährdung des Patienten zulässt. Leider wird diese Methode zurzeit in Österreich nur in wenigen Bundesländern und dort nur in beschränktem Ausmaß von den Krankenkassen erstattet.
Die „Nebenwirkungen“, korrekterweise die Folgen eines ungenügend behandelten Hochdrucks sind alles anders als banal. Wie sehr es auf das Erreichen der Zielwerte ankommt, zeigen mehrere in den vergangenen Jahre erschienen Studien. So etwa ließ sich in einer rezenten Megastudie an 22.000 Hochdruckpatienten durch eine mittlere Blutdrucksenkung auf 125/76 mmHg, was im übrigen tadellos vertragen wurde, die Rate der Schlaganfälle halbieren und die der Herzinfarkte um ein Viertel senken im Vergleich zu einer „Österreich üblichen“ Einstellung auf 142/81 mmHg.
Was auch viel zu wenig bedacht wird, sind die Folgen des Hochdrucks für die Entwicklung nicht nur der vaskulären Demenz sondern auch der Alzheimerdemenz. Ein durch geistige Regsamkeit in Schwung gehaltenes altes aber sonst gesundes Hirn vermag erhebliche Schäden durch Alzheimerveränderungen zu kompensieren. Die Kompensationsmechanismen des Gehirns versagen jedoch, wenn dieses durch hohen Blutdruck geschädigt wird.
Konsequente Blutdrucksenkung auf Normalwerte könnte unter anderem die Zahl der Herzinfarkte um mehr als ein Viertel, die der Schlaganfälle und die Fälle von Herzinsuffizienz um mehr als die Hälfte senken. Die sozioökonomischen Aspekte, vor allem aber die Folgen für die Lebensqualität alter Menschen sind gewaltig, wenn man sich vergegenwärtigt, dass erhöhter Blutdruck wegen seiner großen Verbreitung in unserer Gesellschaft der wichtigste Risikofaktor für Erkrankungen von Herz, Hirn und Nieren darstellt.